Das Rosenmädchen vom Johannisfriedhof


Diese trauernde Frau in Gewändern und mit Rosen in den Händen ist an einer Grabstätte auf dem Johannisfriedhof in Zeitz zu finden.

Für die aufwändige Gestaltung eines Grabes gab es zum Ende des 19. Jahrhunderts verschiedene Motive. Unter anderem wurde versucht, diesem Ort seinen Schrecken zu nehmen und über die Vergänglichkeit hinwegzutäuschen. Die bewusst fraulich dargestellte Figur mit Rosen in den Händen kann als Darstellung der Lebensmächte Schönheit und Liebe gewertet werden. Ihr trauernder Blick soll dabei die Gefühle der Hinterbliebenen widerspiegeln. Die bewusste Schönheit der Frauenskulptur liegt im Wandel der Wahrnehmung des Körpers nach der französischen Revolution und besonders stark zum Ende des 19. Jahrhundert. Frauen galten als das „schöne Geschlecht“ und die Schlankheit stand von nun an für Erfolg und Leistungswillen. Die Männerwelt hingegen tut sich seit der französischen Revolution schwer mit dem Schminken, trägt keine Perücken mehr sieht mit dem Aufkommen des Anzuges eher grau in grau aus.

Frauenfiguren am Grab gab es bereits in der Antike. So sind am Sarkophag von Sidon im Archäologischen Museum Istanbul Klagefrauen zu sehen. Im neuen Testament steht das Abbild der trauernden Frau für die trauernde Maria am Grab Christi. Das Gewand der Frau am Grab auf dem Zeitzer Johannisfriedhofes erinnert an die Kleidung von Maria und darf wohl auch deshalb nicht nur mit der tiefen Trauer Marias, sondern auch mit der Hoffnung auf Wiederauferstehung interpretiert werden.

Ein weiteres Motiv, welches bei fast allen aufwändig gestalteten Gräbern eine Rolle spielt, ist die Inszenierung und Repräsentation der Familie und das Darstellen des gesellschaftlichen Status. Der relativ gute Erhaltungszustand der Frauenskulptur lässt darauf schließen, dass es sich hierbei um eine Einzelanfertigung handelt. Zwar gab es um 1900 bereits „Katalogware“ zu erschwinglichen Preisen, allerdings waren diese nicht von der Beständigkeit der Einzelanfertigungen. So sind diese „Katalogfiguren“ auf den Gräbern kaum noch vorzufinden.
Startseite | Altes & Neues | Industriespuren | Natur | Zeitzer Bahnbilder | Wissenswertes | Fotoserien | Impressum

© ZEITZER ANSICHTEN 2010 - 2018